Vergütungspflicht von arbeitsfreien Zwischenzeiten – Gebäudereinigerhandwerk – Mobbing?

Mitgeteilt von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht in Berlin-Pankow Stephan Kuletzki

Vergütungspflicht von arbeitsfreien Zwischenzeiten – Gebäudereinigerhandwerk – LAG Schleswig-Holstein: Urteil vom 21.03.2012 – 3 Sa 440/11

1. Nach dem allgemeinverbindlichen Rahmentarifvertrag für das Gebäudereinigerhandwerk vom 04.10.2003 ist die zwischen dem Ende der Reinigung des einen Objekts und dem Beginn der Reinigung im Folgeobjekt liegende arbeitsfreie Zeit – sogenannte Zwischenzeit – regelmäßig nicht zu vergüten. (amtlicher Leitsatz)

2. Zu den Voraussetzungen, unter denen in der Zwischenzeit zurückgelegte Wegezeiten wie Arbeitszeit zu vergüten sind. (amtlicher Leitsatz)

Soweit letztlich nichts Neues. Dem Fall lag aber Folgendes zu Grunde:

Die Klägerin ist als Innenreinigerin bei den beklagten Unternehmen beschäftigt. Dieses setzt sie arbeitstäglich zur Reinigung in verschiedensten Objekte ein. Die verschiedenen Arbeitseinsätze reihen sich dabei nicht nahtlos aneinander. Die Klägerin hat diverse unterschiedlich lange Leerlaufzeiten Zwischen den Einsätzen der Klägerin liegen oft unterschiedlich lange Leerlaufzeiten, die nicht vergütet werden. In der Mittagszeit ist die Reinigungstätigkeit oftmals annähernd vier Stunden unterbrochen. Die Klägerin fährt dann in der Regel nach Hause. Diese Leerlaufzeiten müssen nach Aufassung des Gerichts schlicht nicht vergütet werden – nur die Zeiten von dem einen zum anderen Objekt. Zudem ist für Fahrten von der Wohnung zur Arbeit und zurück zur nächsten Arbeitsstelle weder die Kilometerpauschale noch eine Wegezeitvergütung geschuldet.

Das Gericht schreibt zu dem doch scheinbar etwas ungerechten Ergebnis:
“ … Auch wenn die Regelung für die Klägerin „ungerecht“ erscheinen mag und die individuelle Planbarkeit ihres Alltags durch „nutzlose „, kaum individuell gestaltbare Leerlaufzeiten zwischen zwei Arbeitseinsätzen eingeschränkt ist, ist von den Gerichten die Tarifautonomie und der Wille der Tarifvertragsparteien zu beachten. Ein Tarifvertrag ist immer ein ausgehandeltes Gesamtergebnis, für dessen Erzielung beide Tarifvertragsparteien Kompromisse eingehen mussten. Vor diesem Hintergrund sind der Wortlaut und der im Tarifvertrag zum Ausdruck gebrachte Wille der Tarifvertragsparteien für das Auslegungsergebnis maßgeblich. ..“

Diesen Einsatz werden die betroffenen Arbeitnehmer wohl nicht allzu lange mitmachen, so gesehen ist die Entscheidung eine Art gerichtliche Anleitung zum korrekten Mobbing.

Da die Revision zugelassen worden ist, wird das BAG voraussichtlich im nächsten Frühjahr darüber entscheiden. Es wird wohl unter Umständen mit gewissen Einschränkungen zu rechnen sein.

 

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Stephan Kuletzki