Außerordentliche Kündigung und Compliance – Ermittlungen Fallbesprechung Fachanwalt für Arbeitsrecht in Pankow

Problem der außerordentlichen Kündigung und Compliance

Ob die kurze Frist des § 626 Abs. 2 BGB von zwei Wochen für eine nachfolgende außerordentliche Kündigung auch für längere oder auch überlange Compliance-Untersuchungen, hier ging die Untersuchung über 15 Monate, gilt, dazu hat das BAG in seiner Entscheidung vom 05.05.2022, 2 AZR 483/21, wie unten dargestellt entschieden.

 

Konkreter Kündigungsfall

Bei dem Arbeitgeber war wie in vielen größeren Unternehmen eine Abteilung „Legal & Compliance Department“ gebildet worden. In dem Unternehmen, welches u.a. die Bundeswehr als Auftraggeber hatte, kursierte eine „geheime Verschlusssache“ auch als diese gekennzeichnet. Der Arbeitgeber leitete sofort Untersuchungen ein, kam aber nicht weiter. Eine drei Monate später über die Compliance- Abteilung beauftragte Rechtsanwaltskanzlei fand nach einigen weiteren Monaten die Schuldigen u.a. anderem auch den in dem vorliegenden Fall gegen seine spätere Kündigung klagenden Arbeitnehmer, der diese Unterlagen freigiebig mit seinen Kollegen ausgetauscht hatte. Sie erstellte einen Zwischenbericht, benannte die Schuldigen und reichte diesen zur Geschäftsführung weiter. elf Tage später erhielt der betreffende Arbeitnehmer die außerordentliche Kündigung. Zwischenzeitlich waren bereits über 15 Monate vergangen.

BAG-Entscheidung zur außerordentlichen Kündigung bei Compliance-Ermittlungen

Das Bundesarbeitsgericht hat nochmals betont, dass es allein auf die Kenntnis der kündigungsberechtigten Person ankommt. In den überwiegenden Fällen, wie auch im vorliegenden Fall, ist allein die Kenntnis des Geschäftsführers entscheidend. Die Aufklärung des Kündigungssachverhaltes über eine Compliance-Abteilung ist dabei sachgemäß und letztlich empfehlenswert für eine umfassende Klärung des Kündigungssachverhaltes, jedenfalls in einem solchen vielschichtigen und mit anderen Arbeitnehmern (insgesamt 89) verflochtenen Fall. Dabei kann selbst die Aufklärung auch lange dauern, soweit keine unnötigen Verzögerungen offensichtlich werden. Unendlich lange darf diese Compliance-Untersuchung der kündigungsrelevanten Sachverhalte zwar nicht dauern, das (zeitliche) Ermessen bleibt aber grundsätzlich bei der Compliance-Abteilung. Eine Verwirkung wird grundsätzlich nicht angenommen. Dies muss auch entlastende Umstände ermitteln, da das für die außerordentliche Kündigung relevant ist. Der Fall ist an das LAG zurückverwiesen worden.

Fazit zu Kündigungen bei Compliance-Ermittlungen

Dieses BAG-Urteil ist für die Praxis äußerst bedeutend. Die Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs.2 BGB kann sich daher bei Einschaltung einer nichtkündigungsberechtigten Compliance-Abteilung stark verlängern, bis hin zu über einem Jahr, wie vorliegend. Es ist dabei in einem solch komplexen Fall im Ermessen der Compliance-Abteilung, wann diese die Ermittlungen für abgeschlossen erachtet und den Geschäftsführer bzw. andere kündigungsberechtigte Instanzen informiert. Natürlich darf der Arbeitgeber die Compliance-Untersuchungen dabei nicht beliebig ausdehnen.

Kanzlei aus Berlin berät Sie bei außerordentlichen Kündigungen

Unsere Kanzlei, ansässig in Berlin – Pankow, die überwiegend in Berlin und Brandenburg mit Kündigungen, insbesondere auch außerordentlichen Kündigungen, sowohl von Arbeitnehmern als auch Arbeitgeberseite beschäftigt ist, hat dabei immer wieder in Kündigungsstreitigkeiten mit der 2-Wochen-Frist zu tun, die eben wie das BAG betont, nicht starr, sondern im Einzelfall sehr flexibel gesehen werden kann. Arbeitgeber werden wohl auf Grundlage dieser Entscheidung, eine Compliance – Abteilung einrichten oder einen investigativen Vertreter benennen, der bis zur Grenze der unzulässigen Rechtsausübung Nachforschungen betreiben kann. Insoweit bleiben sicher hier weitere Fälle, die letztlich immer in Kündigungsstreitigkeiten münden, abzuwarten.

 

Stephan Kuletzki

Rechtsanwalt in Berlin- Pankow / Fachanwalt für Arbeitsrecht

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Berlin, 10.01.2023

Außenansicht der Kanzlei Kuletzki mit Fensteraufdruck Fachanwalt für Arbeitsrecht